Wie alles begann

Als erstes war da die Motivation

Dass ich nach der Schulzeit nicht gleich studieren wollte, wusste ich schon früh. Ein internationaler Freiwilligendienst schien mir ideal, um meine Neugier auf fremde Länder und meinen Drang nach einer sozialen Tätigkeit miteinander zu verbinden. Ich bin ziemlich sicher, dass mir dieses Jahr nicht leicht fallen wird. Mein Leben war bisher unverschämt bequem. Und ich kann soviele Nachrichten schauen und Bücher lesen wie ich will, wenn ich mich nicht aus meiner gemütlichen Blase rauswage, werde ich meinen Blick kaum für andere Realitäten öffnen.

Dann kamen die Zweifel

Zunächst hatte ich mich bei kulturweit beworben, aber letztlich sagte ich die mir zugeordnete Einsatzstelle ab.

Ein kleiner Zweifel betraf speziell die Einsatzstelle. Von einer ehemaligen Freiwilligen dort hatte ich erfahren, dass sie sehr abgeschottet liegt und sie mit Einsamkeit zu kämpfen hatten. Ein anderer hatte zwar Freunde gefunden, dafür hat er allerdings auch weniger eingelebt und ist stattdessen viel mit anderen deutschen Freiwilligen rumgereist. Natürlich hängt es von mir selbst ab, wie sehr ich mich einbringe, aber die Gespräche hinterließen einfach kein gutes Gefühl.

Ein größerer Zweifel war die Sache mit dem Fliegen. Je mehr ich über die Dringlichkeit der Klimakrise erfahre, desto weniger kann ich es mit mir selbst vereinbaren, in ein Flugzeug zu steigen. Das heißt nicht, dass ich alle die fliegen verteufel und mich für moralisch überlegen halte. Das Problem liegt im System. Ich möchte das Fliegen nur möglichst vermeiden, weil ich mich dadurch wohler fühle. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich das so klar wusste und natürlich juckt es in den Fingern weit in die Ferne zu reisen. Aber für die Erfahrung, die ich machen möchte, muss ich nicht zwingend auf einen anderen Kontinent.

Der letzte Zweifel ist am hartnäckigsten. Welche Wirkung hat ein Freiwilligendienst? Ich stelle nicht in Frage, dass mir die Erfahrung viel bringen wird, dass ich viel Neues lernen werde, was auch meine Einstellungen und mein Verhalten prägen wird. Und das ist ja schon was. Aber rechtfertigt meine spannende Zeit im Ausland, dass so viel Geld in die internationalen Freiwilligenszene gepumpt wird? Millionen von Euros, die meist aus dem Etat des Entwicklungsministeriums kommen. Dabei bin ich keine Fachkraft. Ich gehe wirklich nicht mit einer „Ich rette die Welt“-Attitude oder dem Wunsch nach Urlaub in meinen Freiwilligendienst. Ich frage mich, was bringe ich mit? Das war auch ein Grund für mich, vorerst die Rettungssanitäterausbildung zu machen, um eine Qualifizierung zu haben.

Eine Entscheidung treffen

Als ich bei Jesuit Volunteers anrief und schon einen Tag später beim Orientierungsseminar saß, war ich noch unentschlossen. Aber der Austausch mit den anderen hat geholfen.

Ich möchte nochmal auf die Sinnhaftigkeit von Auslandsfreilligendiensten zurückkommen. Es kommt sicher auf den Freiwilligen und die Einsatzstelle an, aber solange man seine Zeit, seine persönlichen Erfahrungen und etwas Umsichtigkeit mit auf den Weg nimmt, stehen die Chancen gut, etwas Positives zu bewirken. In manchen Einsatzstellen stärkt es das Selbstverständnis, einer Deutschen zu helfen. Vielleicht wäre das Geld in den Bau von Schulen beispielsweise besser investiert. Vielleicht sollte sich das aber auch nicht ausschließen.

Wer auf den mit Sicherheit besten Weg wartet, der wird lange warten. Man muss sich dann eben entscheiden, ob man trotzdem aufbricht und etwas daraus macht. (Danke Peter, dass du mich aus meinem Perfektionismus ein bisschen rausgeholt hast.)


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